Zu den "Sorgen der Eltern"

Auch im Schuljahr 2013/14 gab es einen Literarischen Wettbewerb, ausgeschrieben vom Amtsgericht Leipzig. "Sorge der Eltern - Zwischen Geborgenheit und Bevormundung" - so lautete das Thema in diesem Jahr. Aufgerufen waren Schülerinnen und Schüler aller Leipziger Mittelschulen und Gymnasien, ihre Gedichte, Erzählungen oder Comics zu diesem Thema einzusenden.

Unter den über 200 eingesandten Beiträgen waren auch 37 Beiträge von Schülerinnen und Schülern des BIP Kreativitätsgymnasiums. 16 dieser Beiträge wurden in der vom Amtsgericht Leipzig herausgegebenen Broschüre veröffentlicht, darunter die Texte von Nadja Deckwerth (Klasse 6a), Paula Nowak, Fynn Meinert (Klasse 6b), Natalie Nass (Klasse 7a), Leonard Georgi (Klasse 9b), Luca Tischer (Klasse 10a) und Maria Bong (Klasse 11). Besonders erfreulich ist, dass unter den 16 Preisträgern des Wettbewerbs sieben Schülerinnen des BIP Kreativitätsgymnasiums waren: In der Klassenstufe 5/6 erhielten Maria Schönburg und Mareike Witzig (Klasse 6b) den 2. Preis. Julie de Parade (Klasse 7b) wurde in der Klassenstufe  7/8 der 3. Platz zuerkannt, Eva Schubert (Klasse 7b) erhielt in dieser Kassenstufe den 2. Preis. In der Klassenstufe 9/ 10 durfte sich Jennifer Hartmann (Klasse 9b) über einen 2. Platz freuen. Eva Mosig und Anja Becher belegten in der Klassenstufe 11/ 12 den 2. und 3. Platz.

(Dr. Anja Seiffert)

 

Schlaflos
(Anja Becher, Klasse 11)

Übelkeit, Schmerzen und wirre Gedanken,
die sich um die Zukunft des Kindes ranken.
Schreck, als die Füße die Bauchdecke trafen,
Sie kann nicht schlafen.

Die Neonlampe im Kreißsaal blendet,
als sie sich mit Wehen im Bett umherwendet.
Doch sie sieht sie als Geschenke, nicht Strafen.
Sie kann nicht schlafen.

Das Baby, es schreit um Mitternacht,
ist's durch Bauchweh, Hunger oder Durst erwacht?
Sie können's nicht sagen und strampeln wie Larven,
Sie kann nicht schlafen.

Gefahren überall, verschluckbar jedes Teil,
spitze Gegenstände und Treppen, so steil.
Das Gitterbett wird zum sicheren Hafen. Trotzdem,
Sie kann nicht schlafen.

Und schon steht das Kind auf eigenen Beinen,
im Kindergarten, da toben die Kleinen.
Das offene Knie, wird es wieder verheilen?
Werden andere mit ihm das Spielzeug teilen?
Der Kleine, zugedeckt mit Wolle von Schafen, doch sie,
Sie kann nicht schlafen.

"Ich bring dich zum Bus." "Nein, ich bin doch schon groß!",
sagt er und zieht mit schwerem Ranzen los.
Zum ersten Schultag verlässt er das Haus,
sorgenvoll blickt sie zum Fenster hinaus.
Wie werden sie ihn behandeln, den kleinen Braven?
Sie kann nicht schlafen.

Von Fieber geschüttelt, von Husten geplagt,
"Trag bitte einen Schal!", hatte sie doch gesagt.
Doch sie versteht ja die "coole Mode" nicht.
Traurigkeit und Schuld auf ihrem Gesicht.
"Mama, mach mich doch nicht zu deinem Sklaven!"
Sie kann nicht schlafen.

Spät abends ist es, sie wartet schon lange,
langsam wird es ihr Angst und Bange.
Wo treibt er sich rum und vor allem mit wem?
Sie hat dunkle Ringe unter seinen Augen gesehen.
Und kommt er nach Hause, soll sie ihn bestrafen?
Sie kann nicht schlafen.

Sie streiten sich, sie schreien, schon wieder.
Seine Faust fährt laut auf den Tisch hernieder.
"Siehst du nicht, dass ich kein Kind mehr bin?
Ich zieh' aus, was anderes macht keinen Sinn."
Er lässt sie zurück, die Türe, sie knallt
und der letzte Satz in der Stille verhallt.
Sie weint, als die Worte ihre Seele trafen.
Sie kann nicht schlafen.

Nun steht er da, den Kopf tief gesenkt,
als er an diesen grauen Abend denkt.
Wie konnte er nur so grausam sein?
"Eine liebende Mutter" steht auf dem Stein.
Das war sie, wieso hat er es nur nie erkannt?
Doch sie kommt nicht zurück, die Zeit ist gerannt.
Er kehrt um, nach Hause, seine Tochter zu sehen,
niemals wird so etwas noch einmal geschehen.
Für immer wird ihn sein Gewissen strafen,
Und er kann nicht schlafen.

 

Kind, denk an deine Zukunft
(Eva Schubert, Klasse 7)

Die Tür steht offen, die Frau darin. Ihr Blick zeigt Bedauern und Enttäuschung. Er zuckt zusammen, drückt schnell auf "Esc", dreht sich in seinem Bürostuhl zu ihr um. Ein angespanntes Schweigen liegt im Raum. Er wartet darauf, dass sie anfängt zu reden, so wie er es gewöhnt ist. "Kind, denk an deine Zukunft", würde sie sagen, "geh nach draußen, an die frische Luft und spiel mit den Nachbarskindern Ball, das wird dir gut tun. Oder nimm das Fahrrad und fahr um den Block. Du hast doch so lange keinen Sport mehr gemacht. Wenn du zurück bist, könntest du die Küche aufräumen. Das wolltest du schon vor zwei Stunden machen. Danach erledigst du deine Hausaufgaben. Du möchtest doch gute Noten. Ein gutes Zeugnis. Für deine Zukunft ... Willst du unter einer Eisenbahnbrücke enden? Heute geht es dann etwas früher ins Bett. Du siehst aus, als hättest du tagelang nicht geschlafen. Davor lernst du noch einmal deine Vokabeln. Fremdsprachen sind wichtig. Und jetzt machst du sofort den Computer aus." Immer noch Stille. "Kind, denk an deine Zukunft." Dann verstummt sie. Sie hat es schon so oft gesagt. Das Geräusch einer Türklinke. Ein Klick auf "Spiel fortsetzen". Irgendwann wird das Spiel immer fortgesetzt werden.

 

Einsicht kommt spät
(Julié de Parade, Klasse 7b)

Immer wieder die Sorge meiner Eltern: "Spiel nicht so viel Computer, schau nicht so viel fern, geh zeitig ins Bett" ... ihr kennt die Worte sicher auch. Sogar nachts träume ich schon von den Sorgen meiner Eltern, als ob ich nicht wüsste, dass man zeitig ins Bett soll, damit man sich konzentrieren kann. Total sinnlos finde ich ja, dass ich nicht so viel fernsehen soll oder Computer spielen. Aber meine Meinung dazu ist: Man sollte sich auf das spätere Leben gut vorbereiten, vielleicht kommen ja Aliens und planen eine Invasion, wie sollen wir die Welt denn dann schützen? Genauso wie im Computerspiel. Oder plötzlich kommen Personen und Gestalten, die wir noch nie gesehen haben und nicht wissen, ob sie nett oder gefährlich sind? Die Gestalten kann man nur kennen, wenn man Fernsehen geschaut hat, denn sie sind entweder Spongebob, Spiderman oder Darth Vader. Bloß - wenn ich meinen Eltern mit dieser Ausrede komme, zeigen sie mir den Vogel und sagen: "Kind, du hast eine blühende Fantasie". Toll, meine Eltern wissen einfach nicht, dass sowas auch in der Erziehung eines Kindes eine große Rolle spielt, dass es täglich eine Ration Computerspiele und Fernsehen braucht. Manchmal versteh ich einfach nicht, was sie von mir wollen, wenn sie sagen: "Erweitere deinen Horizont und nutze deinen Intellekt." Da ich nicht verstehe, was sie sagen, ignoriere ich es einfach und lebe mein Leben so, dass ich glücklich bin.

Zwei Jahre später. Ich verstehe zwar immer noch nicht, wieso ich nicht so viel Computer spielen und Fernsehen soll. Aber immerhin darf ich jetzt alleine von der Schule nach Hause gehen und ich muss meine Eltern auch nicht mehr anrufen, wenn ich aus der Bahn steige. Einmal bin ich ohne meine Freunde Bahn gefahren und mich hat ein Mann nach dem Weg gefragt, ich erklärte es ihm. Fröhlich und zufrieden, dass ich jemandem helfen konnte, ging ich weiter. Um die Ecke angekommen stand ein Junge. Ich dachte mir nichts dabei und ging an ihm vorbei, wie es jeder andere wahrscheinlich auch getan hätte. Er rannte mir hinterher und fragte, ob ich auch finde, dass Eltern keine Ahnung davon hätten, dass wir Kinder unsere Zeit am Computer und am Fernseher brauchen. Als ich das hörte, war mir klar, wir müssen uns unbedingt zusammentun. Ich fragte ihn, wo er wohnt und ob wir uns morgen um drei bei ihm wiedersehen wollen, er fand das auch eine gute Idee. So trafen wir uns um drei Uhr wieder. Wir diskutierten lang, kamen dann aber doch auf dieselbe Idee, wir veranstalten zum Schulfest eine Demonstration. Gesagt, getan. Am nächsten Tag in der Schule fragten wir, wer alles mitmachen wollte. Nachmittags trafen wir uns dann und gestalteten die Plakate. Noch ein Tag, dann ist es endlich soweit ... Am nächsten Tag waren alle ganz aufgeregt. Endlich war es soweit, wir zogen mit Schlachtrufen, Plakaten und mit Massen an Schülern über den Schulhof und hofften alle, dass unser Wunsch ankam.

Zehn Jahre später. Ich hatte jetzt selbst Kinder und durch das neue Gesetz, dass Kinder ab sofort Computerzeiten haben, spielen auch meine Kinder jetzt Computer. Jetzt ist mir klar geworden, was meine Eltern damit meinten. Es ist nicht gut, wenn man so viel Computer spielt. Bloß - leider war es jetzt zu spät.

 

Die Sorgen der Eltern
(Maria Schönburg und Mareike Witzig, Klasse 6a)

Lern' für die Arbeit, denk daran
und zieh dich morgen wärmer an.
Stecke auch dein Handy ein
und komm heut' Abend pünktlich heim.

Auch wenn sie es nicht böse meinen,
die Eltern nerven öfter einen.

Bleibe nicht so lange wach
und lies doch nicht die ganze Nacht!
Schwimme nicht so weit hinaus
und komm jetzt aus dem Bett heraus.
Bitte seht doch unsre Größe,
wir meinen es auch gar nicht böse.

Das nervt uns Kinder wirklich sehr,
das Selbstvertrauen wächst noch mehr.
Lasst uns einfach selbst entscheiden,
was wir tun, was wir meiden.

 

Die Sorgen der Eltern
(Mareike Witzig, Klasse 6)

Mach dein Handy an,
komm pünktlich nach Hause.
Geh mit niemandem mit
und pass' auf deine Sachen auf.

Sorgen, Sorgen, Sorgen,
diese Elternsorgen.

Mach deine Hausaufgaben,
spiel' nicht so lange mit deinem Handy.
"Mama, ich weiß, ich weiß.
Ich kann gut selbst auf mich aufpassen."

Sorgen machen sich alle Eltern,
doch Kinder belästigt das oft.

Mach nicht jeden Blödsinn mit,
zieh dich warm an, mach dich nicht dreckig.
"Papa, ein bisschen Spaß muss sein.
Ich kann das gut selbst entscheiden."

Manchmal sind die Elternsorgen nützlich.
Manchmal aber auch nervig.
Manchmal kann ich sie sogar verstehen.

 

Die Sorgen der Eltern
(Maria Schönburg, Klasse 6) 

Dumme Fragen immerzu,
wie geht's, wie steht's und was machst du?
Wieso müssen Eltern fragen,
wo man hingeht muss man sagen.

Immer Sorgen um die Noten,
Treffen werden stets verboten.
Öfter Stress um Hausaufgaben,
Wo man hin geht muss man sagen.

Viele Sachen kann man meiden,
aber nicht mit Eltern streiten,
denn sie haben meistens recht,
das finden oft die Kinder schlecht.

Trotzdem ist es gut gemeint,
auch wenn es manchmal nicht so scheint.
Eltern haben uns doch lieb,
auch wenn es manchmal Streite gibt.

 

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